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Lunos

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1

20.08.2011, 13:49

Wissen per Chipimplantat - Bildungsanstalten bald überflüssig?

Ich bin heute über eine ziemlich interessante Neuigkeit gestoßen: US-Wissenschaftler haben es angeblich geschafft, die Erfahrung einer Ratte per Gehirnchip auf eine andere Ratte zu übertragen. Auf diese Weise konnte die Ratte mit dem Chip eine Aufgabe wesentlich schneller bewältigen als eine Ratte ohne implantiertes Wissen. Hier ist der Artikel:

Hamburg (ots) - Ein fantastisch anmutendes Experiment haben US-Wissenschaftler der Wake Forest University durchgeführt.

Wie das Magazin GEO in seiner September-Ausgabe berichtet, ist es ihnen gelungen, die Erfahrung einer Ratte auf eine andere zu übertragen - per Computerchip. Das Team um Theodore Berger und Sam Deadwyler hatte mehrere Tiere darauf abgerichtet, zwei Hebel zu drücken, um dafür eine Belohnung zu erhalten. Dabei zeichneten die Forscher jeweils die Hirnströme der Ratten auf und speicherten sie im Rechner. Anschließend setzten sie einer anderen Ratte einen Chip ins Gehirn ein und sendeten damit genau jene Signale aus, die zuvor in der Apparatur gespeichert worden waren. Zur Überraschung der Wissenschaftler meisterte die Ratte die Lernaufgabe deutlich schneller als ihre unpräparierten Vorgänger - fast so, als sei ihr das Wissen von dem Chip “eingetrichtert” worden.

Womöglich könnte auf diesem Wege auch einmal komplexeres Wissen von einem Menschen auf einen anderen übertragen werden; zunächst wollen die Forscher ihre Studien an Affen fortsetzen, deren Hirn im Aufbau dem menschlichen ähnlicher ist als jenes von Ratten.

Schon unten wird angedeutet, dass sich die Wissenschaftler natürlich großes Interesse haben, diese Erkenntnisse für den Menschen zu nutzen. Wenn die Experimente mit Affen ebenfalls positiv verlaufen, kann man wohl wirklich bald damit rechnen, dass sich auch der Mensch solchen Experimenten unterzieht. Damit könnten sich für uns Menschen schon bald gigantische Möglichkeiten auftun: Wissen per Chipimplantat, können wir etwa bald auf das Lernen in Schulen und Universitäten sowie auf Ausbildungen allgemein verzichten? Ein einfacher Chip könnte vielleicht genügen, um einem Menschen das nötige Wissen und die Erfahrung zu verleihen, für das er normalerweise eine jahrelange Ausbildung nötig hätte. Da schlägt natürlich besonders das Herz unserer Wirtschaft höher, statt milliardenteurer Ausbildungen für angehende Arbeitnehmer würde ein Gehirnchip genügen. Können wir so etwa auch die westlichen Volkswirtschaften retten?

Ja, bei solchen Erfolgen in der Neurowissenschaft geht fast zwangsläufig die Fantasie mit einem durch. Denn sind oben beschriebene Szenarien überhaupt möglich? Bzw. ist sowas überhaupt erstrebenswert? Natürlich könnte man tatsächlich eine Menge Geld sparen, falls sich dies alles so umsetzen lässt, aber das ist nur ein Beurteilungsmaßstab. Wir wollen besonders den moralischen Aspekt und die eventuell möglichen Veränderungen unseres Menschenbilds nicht außen vor lassen.

Ich denke, das Thema bietet wirklich viel Diskussionsstoff. Also auf geht's.
Some things just aren't meant to change.

KHM

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2

20.08.2011, 20:16

moralischer Aspekt, das ich nicht lache.
Sollte das funktionieren und keine Nebeneffekte haben, bin ich sicher einer der ersten, der sich so etwas holt, sollte es bezahlbar sein. Endlich kann man Sprachen lernen ohne Vokabeln zu lernen, kann Dinge verstehen, die einem vorher unbegreiflich waren. Das wäre spitze. Ingeheim habe ich mir das immer gewünscht.
Aber bleiben wir realistisch. Das wird wahrscheinlich nicht funktionieren. Eine Ratte dazu zu bringen einen Hebel zu bedienen ist nichts im Vergleich dazu ganzes Wissen zu verschaffen. Selbst wenn es funktionieren würde, würde es ewig dauern, bis es erlaubt wäre diese Technik am Menschen auszuüben, wenn es denn überhaupt je legalisiert werden würde. Und selbst wenn es erlaubt wäre diese Chips beim Menschen einzupflanzen wären die ersten sicherlich unbezahlbar, sodass man wieder Jahre warten müsste um sie sich leisten zu können. Und man überlegt es sich schon zweimal ob man eine Menge Geld hinblättern möchte nur um sofort fließend Spanisch reden zu können.
Bis all diese Störfaktoren dann endlich beseitigt wären, wäre unsere Generation wahrscheinlich schon zu alt um interesse daran zu haben. was will man denn mit 40-50 Jahren noch mit so viel neuem Wissen anfangen? Schulen wären für's erste wohl auch nicht abgeschafft, wäre das Bezahlen der Lehrkräfte doch sicher noch eine ganze Weile lang wesentlich billiger als jedem Kind ein komplettes Basiswissen zu finanzieren. Und viele Mensche werden sich sicher auch weigern sich diese Chips einzupflanzen, auch wenn es billig wäre. Einfach aus Angst vor der Technik oder wegen diesen "moralischen Bedenken".

Eternal Guilt | Reclaiming the Throne | Yours forever | Survivor's Guilt | Mind Games

I sing for my people, I sing for my friends
I sing for justice, so that the world finally ends
I sing for my father who rests high above
and also for my mother who I deeply love
But as I sing I wonder, what is it for?
when there is no one who sings for me anymore...


-Hanae Ouma, Princess of thorns

3

20.08.2011, 20:22

Klingt gut, her damit, dann muss man nicht mehr so viel nerviges Zeug lernen.

Aber greifen wir erstmal die Überschrift auf, die ist nur teilweise erfüllbar, denn Schulen werden nie wegfallen, denn diese sind nicht nur ein Ort des Lernens, sie dienen auch den ersten Schritten im sozialen Milieu, sie dient den zwischenmenschlichen Kontakten, somit kann so ein Chip die Schule schon mal nicht ersetzen, diese ist zu wichtig für die Pubertät.
Bei Ausbildungen hingegen ist das sehr hilfreich, da kriegt man alles, was man wissen muss, eingeimpft und hat es dann theoretisch drin, weshalb man sich gleich mehr auf die Praxis konzentrieren kann.
In Universitäten kann so ein Chip nur den Grundbaustein legen, denn ansonsten würde man nur stumpf nachplappern, was andere vor einem gesagt haben, gut, das ist so oder so der Fall, aber neuere Erkenntnisse würden dadurch wohl eher unter den Tisch fallen, da man ja noch sortieren müsste, was der Student genau eingeimpft bekommen soll. Angesichts der thematischen Breite kann das sehr schwierig werden, weshalb so ein Chip wohl nur in wirtschaftlichen und mathematischen Studiengängen Verwendung finden kann, während Geistes- und Naturwissenschaften da nur das Grundfundament kriegen können.
Insgesamt fallen sämtliche Einrichtungen also nicht weg, Schule wird für den sozialen Umgang gebraucht, der Ausbildungsort für die Praxis und die Universität für die tiefergehende Beschäftigung mit einer Thematik, man kann somit allerhöchstens die Ausbildungs- und Studienzeit verkürzen. Vor allem das Studium würde mit solchen Chips wohl eher zu einem Fernstudium werden, wo man zu einer Vorlesung gehen kann, wenn man ein bestimmtes Thema vertiefen will, wenn nicht, dann halt eben nicht.

Für die Wirtschaft wären derlei Chips jedenfalls schon mal nicht schlecht, aber gerade die Wirtschaft wäre dann auch schon wieder das Gift für diese Chips, denn wenn diese vorgibt, was man lernt und was nicht, sehe ich schwarz für die Menschheit, wir würden damit zu Marionetten der Wirtschaft werden, was sowieso schon zu oft der Fall ist. Deshalb muss ein solcher Chip neutral außerhalb der Wirtschaft gemacht werden, da es ansonsten zu gefährlich werden könnte.

Und damit landen wir bei einem weiteren Gefahrenpunkt, die Auswahl dessen, was gelernt wird. Somit kann es zu gefährlichem Halbwissen kommen und zu Propaganda, die sehr negative Effekte hervorrufen kann. Außerdem wird so ein Trend verstärkt, der sehr negativ zu bewerten ist und zwar der Trend zur Einseitigkeit, anstatt weltoffen zu sein, beschäftigt man sich stumpf mit einer einzigen Sache und übersieht so die anderen Dinge, die auch wichtig sind, wodurch wir noch mehr Fachidioten haben und die braucht man jetzt schon nicht.

Damit haben wir auch das moralische Problem ausgemacht, die Gefahr für Propaganda und problematisches Halbwissen ist hoch, außerdem stellt sich die Frage nach dem Preis, am Ende kommen mit solchen Chips wieder nur bestimmte Leute weiter, während andere unten rumkrebsen und feststecken. Ist es jedoch günstig, so kann es die Gefahr eines Zwangs geben, ein Arbeitsloser könnte zur Verwendung eines bestimmten Chips gezwungen werden, damit er diesen oder jenen Beruf ausüben kann, obwohl er damit gar nichts zu tun haben will.

So ein Chip wäre also eine sehr hilfreiche Neuerung, wenn er denn nur dazu da ist um ein gewisses Grundfundament des Wissens zu legen, denn alles kann so ein Chip eben nicht hergeben. Außerdem muss dabei aufgepasst werden, dass er nicht ausgenutzt wird. Jedenfalls ein Ersatz für die bisherige Bildung ist er nicht, nur eine sehr nützliche Erweiterung.


The Meteor

4

20.08.2011, 23:04

Ich glaube sowas wäre nur bei vorübergehendem Wissen gut, zum Beispiel wenn man ins Ausland geht und eine Fremdsprache sprechen muss.
Denn sobald der Chip nicht mehr funktioniert, weiss man warscheinlich auch nicht mehr das, was auf dem Chip war.

Allerdings sehe ich da einen Hacken: Man könnte die Menschen dadurch vielleicht auch beeinflussen. Vorallem bei politischen Angelegenheiten könnte ich mir eine beeinflussung vorstellen, falls das wirklich funktioniert.