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FaxteR™

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08.01.2012, 17:24

Das Bekannte und das Erkannte

Im Rahmen einer kleinen Notenaufbesserung habe ich im Fach Philosophie dieses kleine Essay geschrieben.
Was haltet ihr davon? Wie steht ihr zum Thema? usw.


„Das Bekannte ist überhaupt darum, weil es bekannt ist, nicht erkannt.“


Georg Wilhelm Friedrich Hegel


Schon wieder so ein Spinnennetz! - Und da war es auch schon weggefegt, das störende Konstrukt der kleinen Spinne. Ihre Netze werden allgemein mit Unordnung, Schmutz und verwahrlosten Orten in Verbindung gebracht. Das ist auch leicht nachzuvollziehen - sind sie doch klebrig und unschön.

Aber Moment: Sind sie wirklich so unschön anzusehen? Sieht man sich solch ein Netz einmal genauer an, so stellt man fest, dass dieses Symbol der Unordnung eigentlich sehr ordentlich aufgebaut ist. Es ist faszinierend, in welch einer kurzen Zeit die Spinne ihr Werk vollbringt und dabei auf alle Details achten kann und es perfekt an die gegebenen Umstände anpasst. So unterscheidet sie z.B. zwischen den klebrigen Fangfäden und den Fäden, auf denen sie problemlos laufen kann.
Schon bemerkenswert, wie einfach man im Alltag ständig diese erschreckend schöne Todesfalle „übersieht“. Das Spinnennetz ist also ein gutes Beispiel für die o.gen. These Hegels.

Die Frage ist nun, was nun im Geist des Autoschraubers in der Garage oder der Hausfrau im Badezimmer abläuft und wie es sein kann, dass das Spinnennetz nicht das einzige Beispiel bleibt, auf das diese Aussage zutrifft.

Der Mensch sieht das Spinnennetz, aber das, was er erkennt, ist dann meist nur das Symbol des Netzes und nicht das Netz selbst. Bekanntermaßen beruht das menschliche Gehirn auf assoziativer Basis. Daher nimmt der Mensch nun direkt nach Sichtung des Netzes seine zum Symbol „Spinnennetz“ gespeicherten Attribute wahr. Er hat damit mit einem kurzen Blick einen Informationsschub erhalten und ist zufrieden. Das bedeutet, dass er dann tendenziell weniger bereit ist, weitere Informationen durch eigene Untersuchung zu erlangen.

Ist demnach ein Objekt bekannt und damit also mit einem standardisierten Informationssatz versehen, wird nicht das Objekt selbst erkannt, sondern nur seine symbolhafte Präsenz, die oft auch als „Schublade“ (Denken in Schubladen) bezeichnet wird. Erwähnt man das Schubladendenken, hat man oft die Verbindung zum Rassismus im Hinterkopf. Genau wie bei dem Spinnennetz sehen Menschen rassistischen Denkens hier etwas, das bekannt ist und ordnen dann Attribute der Symbolvorstellung zu. Solche Menschen ordnen also anderen Menschen, deren Aussehen sie als Vertreter eines anderen Volksstammes kennzeichnet, Attribute zu, die sie selbst nie überprüft haben oder sehen ungeprüfte Annahmen vorschnell bestätigt. Neben dem Spinnennetz als sachliches Objekt haben wir also mit der Denkweise des Rassismus auch einen Fall auf geistiger Ebene, der Hegels These bestätigt.

Aber woher stammen diese standardisierten Informationssätze?
Logischerweise stammen solche Daten aus einem Bewusstsein, das über dem „Ich“ angeordnet ist. Hierbei handelt es sich um die Gesellschaft, die zu fast jedem Thema eine Art „Normeinstellung“ bereit hält und diese an alle Mitglieder von Kind auf weitergibt.

In leicht abgewandelter Form findet sich dieses Phänomen des menschlichen Geistes in der Musik wieder. Erschreckend viele Jugendliche hören eine bestimmte Musikrichtung nur weil sie denken, dass es „cool“ sei, sich so etwas zu anzuhören. Dies beweist, dass das Bewusstsein der Gesellschaft sogar Meinungen vorgeben kann. Gleichzeitig wird klar, wie leichtgläubig und beeinflussbar der Mensch in der Gesellschaft ist. Insbesondere die jüngeren Mitglieder haben dadurch Probleme, sich eine eigene Meinung zu bilden, da sie mit der Zeit dazu übergehen, die standardisiert vorgegebene Meinung der Gesellschaft zu übernehmen und glauben, es wäre ihre wirkliche eigene Meinung.

Insgesamt scheint es so, als ob es sich der menschliche Verstand gern einfach macht und sich mit vorgegebenen Informationen, die eine bestimmte Thematik bekannt machen, zufrieden gibt. Es braucht anscheinend eine Art inneren Willen, um sich wirklich mit der Thematik auseinanderzusetzen und sie damit für sich selbst zu erkennen.

Wir, dabei aber jeder für sich als Teil der Gesellschaft, sollten anfangen, die Dinge infrage zu stellen. Das Bekannte ist zwar wenigstens etwas, das man sicher hat, aber man sollte immer danach streben es für sich selbst zu erkennen und die eigene Meinung nur darauf stützen.

Das nächste Spinnennetz, das entfernt werden soll, sollte also gut durchdacht sein. Immerhin sinkt dann die Belastung durch Insekten und so unschön ist dann doch wieder nicht.

Mayst thou thy peace discov'r

Lunos

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2

08.01.2012, 18:33

In leicht abgewandelter Form findet sich dieses Phänomen des menschlichen Geistes in der Musik wieder. Erschreckend viele Jugendliche hören eine bestimmte Musikrichtung nur weil sie denken, dass es „cool“ sei, sich so etwas zu anzuhören. Dies beweist, dass das Bewusstsein der Gesellschaft sogar Meinungen vorgeben kann. Gleichzeitig wird klar, wie leichtgläubig und beeinflussbar der Mensch in der Gesellschaft ist. Insbesondere die jüngeren Mitglieder haben dadurch Probleme, sich eine eigene Meinung zu bilden, da sie mit der Zeit dazu übergehen, die standardisiert vorgegebene Meinung der Gesellschaft zu übernehmen und glauben, es wäre ihre wirkliche eigene Meinung.

Oh ja, diese ganzen Rock-Areas in den Diskotheken regen mich auch auf, hüpfen da rum wie die Bekloppten, brüllen rum zu diesem abscheulichen Punk-/Rock-Gedöns, der außer mit extremen Krach und Geschrei nichts mehr zu tun hat - zumindest nicht mit Musik. Und dann immer diese lächerlichen Luftgitarren-Acts, in denen sich diese Leute an ihrer Coolness richtig aufgeilen können.

...

j/k, obwohl man es imo genauso drehen kann, wenn du den Leuten selbst sowas unterstellst.


Na, jetzt ernsthaft, ich weiß, worauf du hinaus willst. Aber imo passt das Partymucken-Bashing hier nicht 100%ig rein. Es gibt einfach viel zu viele andere verstärkende Faktoren, die zum aktuellen Höhenflug der Dancemusik beitragen. Die Jugend von Heute hat eben überwiegend nur noch Party im Kopf und gerade zu dem, was man heute als Mainstream-Musik bezeichnet, kann man eben am besten abfeiern. Die Musik ist doch quasi genau darauf zugeschnitten. Und wenn man Lust auf Party hat, dann hat man auch Lust auf diese Musik. Dazu kommt natürlich, dass diese Musik auch so schneller bekannt gemacht wird. Wenn man nicht konkret nach was anderem sucht, bekommt man gar nicht die Möglichkeit, etwas anderes zu hören. Und da der Mensch diesbezüglich sicherlich auch ein wenig faul ist, nimmt er eben das, was ihm präsentiert wird - sofern es ihm denn zumindest ein wenig gefällt.

Und gerade Musik ist ja nun auch eine Sache, bei der man nicht wirklich wegsehen bzw. hier eher nicht weghören kann, wenn man ihr ausgesetzt ist. Was soll das Unerkannte bei einem Lied bleiben, wenn man es gehört hat, weil es im Radio läuft und nicht etwa selbst herausgesucht ist? Bzw. was könnte man noch erkennen, wenn man bestrebt ist, das Lied "selbst" zu erkennen? Ich bezweifle, dass sie wirklich ihren Musikgeschmack diktiert bekommen. Vielmehr passt die Musik einfach perfekt zu ihrem Lebensstil, der derzeitig hoch im Kurs ist. Und ich denke auch, dass diese Musikrichtung für die meisten auch Songs bietet, die ihnen wirklich gefallen. Man muss ihnen einfach nur genug Auswahl bieten, was ja auch allemal getan wird. Genauso glaube ich, dass diese Leute Geschmack an Liedern aus anderen Musikrichtungen finden könnten, würde man ihnen diese nur vorsetzen. Aber nun ja, wie gesagt, die Musik spiegelt eben vor allen Dingen auch einen Teil ihres Lebens wider. ~

Falls ich aber gerade an dir vorbeidiskutieren sollte, müsstest du mir deine These noch genauer erläutern. Im Übrigens findet ich die Grundaussage dieses Herrn passend, da gibt es, denke ich, nicht viel zu widersprechen. Menschen denken eben auf diese Weise, wir brauchen Kategorien oder eben Schubladen, auch um uns das Leben leichter zu machen. (Und das muss nicht nur auf Menschen bezogen sein, wie du schon richtig angesprochen hast.) Dabei übernehmen wir insbesondere im Kindesalter natürlich leicht die Schubladen, die uns unsere Eltern lehren. Doch es ist wichtig, dass wir nicht so stark vorgeprägt sind, dass wir im Erwachsenenalter nicht mehr in der Lage sind, uns unser eigenes Schubladensystem zu entwerfen.
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Xar

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3

08.01.2012, 21:03

Achtung, strukturlose Gedankenfetzen(Auf nem Tablet lässt sich kein ordentlicher Beitrag verfassen):

Die Noten in Philosophie aufbessern? Sowas gibts an meiner Schule nicht, man kann gerne mal die Hälfte der Stunde verschlafen und kassiert trotzdem noch 12+ Punkte. Wie dem auch sei...

Das Beispiel mit dem Spinnennetz ist eventuell etwas ungeeignet, das man es auch mit Ungeziefer assozieren kann, ungeachtet der Tatsachen.

Es gibt durchaus einen guten Grund, warum der Mensch in Schubladen denkt: Es wäre zu viel Mühe, jedes Mal alles neu überprüfen zu müssen. Die meisten Menschen denken ja, ihre Mitprimaten wollen ihnen nichts böses. Wäre dem nicht so, wie würde man dann Fremden gegenüber reagieren? Man müsste jeden einzelnen auf seine Absichten überprüfen. Vertrauen ist wichtig, darauf beruht der Handel über Geld und, zum Teil, unsere Verkehrsregeln.

Ich unterstütze aber die Gesammtaussage dey Textes: Man soll nicht felsenfest auf seiner Denkweise beharren.

Das Thema Musik und Jugendkultur ist in diesem Zusammenhamg durchaus interessant.
In der Kindheit wird die Persönlichkeit gebildet, durch Erziehung, soziales Umfeld, etc. Jugendliche haben Selbstbild, dass auch stark durch ihr Umfeld geprägt wird, eben cool und angesagt zu sein, etc. Man passt sich also seiner Umgebung an, die Frage ist nur, wie weit.

Es ist eine durchaus besorgniserregende Entwicklung, wie ich finde. Mal abgesehen davon, dass feiern einmafl bedeutete, eine besondere Angelegenheit zu würdigen.
Leider hat sich die Akzeptanz anderer Hobbies star vermindert(ich weiß nicht, wie es in früheren Generationen war, diesen Wechsel bemerke ich über die letzten Jahre). Heute fragt man nichtmehr, was für eine Musik die Freunde mögen, man spielt in der Runde die aktullen Charts, viel zu laut, wie ich finde.
Ich erhalte immer wieder schräge Blicke, wenn ich mich über Musik mit "Ich mag Klassik und Heavy Metal" an einem Gespräch beteilige. Auch interessant: Musik mss aktuell sein. Ein Lied, das älter als zwei Jahre ist, wird in meiner Gegend nicht mehr angehört.

Am Wochende geht man feiern, dazu wird getrunken, getanzt und man bemüht sich um Sex. Andere Tätigkeiten werden nicht akzeptiert, höchtsens noch Sport und Videospiele, aber selbst das ist inzwischen nur noch was für Kinder. Sonst gilt das Übliche, Sex ist das höchste Ziel des Lebens, wer nichts hat ist nichts, bla bla.

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09.01.2012, 17:09

Vielen Dank erstmal für die schönen Denkanstöße!

@ Xar: Hier geht's auch eher um so eine 13 oder 14 Punkte Geschichte. ;)

Ich habe daraufhin einige schwache Formulierungen geändert und vor allem diesen Absatz eingefügt:

Zitat


[...]
Hier lässt sich erkennen, dass die Schubladen eine doch gar nicht so schlechte Entwicklung des Verstands sind. Kein Mensch ist in der Lage, sich mit so vielen Themen auseinanderzusetzen, dass er von allem behaupten kann, er habe es in seinem Kern erkannt. Es ist also durchaus sinnvoll und hilfreich, das Denken in Schubladen zu gliedern. Man sollte sich nur immer im Klaren darüber sein, woher der Inhalt dieser Schubladen stammt und wie viel des „Schubladensystems“ man selbst konstruiert hat und wie viel von außerhalb geprägt wurden.
[...]

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