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19.09.2013, 19:16

Ohne Worte - Kaputte Sprache, kaputte Gesellschaft?

Zitat

Anglizismen, grammatikalisch falsche Werbeslogans, primitive Jugendsprache, Schreib- und Leseschwächen: Wie kaputt ist eigentlich unsere Sprach-Kultur?

Aktuellen Schätzungen zufolge haben bis zu 600.000 Österreicher Probleme, einen Zahlschein auszufüllen, eine Zeitung zu lesen oder die Packungsbeilage für ein Medikament zu verstehen. Trotz Schulpflicht können sie nur schlecht oder gar nicht sinnerfassend lesen oder schreiben. Was gilt es zu tun? Sprechen unsere Kinder irgendwann nur noch „denglisch"? Der Versuch, die deutsche Sprache von Anglizismen zu befreien, findet immer mehr Befürworter: „Prallkissen" statt „Airbag", „Bildwerfer" statt „Beamer", „netzplaudern" statt „chatten".

Erst kürzlich wählte der Verein „Deutsche Sprache" den Duden zum „Sprachpanscher" des Jahres 2013. Begründung: Zu viele lächerliche Angeber-Anglizismen, die gar nicht notwendig seien, stünden nun in dem Werk. Einst hatte der Duden normierende Kraft, heutzutage scheint der gelbe Wälzer aber vor allem den gängigen Sprachgebrauch abbilden zu wollen. Während Kritiker vor einer Verrohung der Sprache warnen, begrüßen andere die Weiterentwicklung. Welche Zukunft hat die deutsche Sprache, und wie verändert unsere Wortwahl die Gesellschaft?


Medienwissenschaftler Fritz Hausjell im DATUM-Interview:

Gegen Anglizismen hat Kommunikationswissenschaftler Hausjell nichts. Gegen die selbsternannten Hüter der reinen, deutschen Sprache dafür umso mehr.

DATUM: Wie sind Sie mit dem Zustand der deutschen Sprache zufrieden?

Fritz Hausjell: „Ich bin nicht unzufrieden, aber Verbesserungen sind immer drin. Wir brauchen mehr Gelegenheiten, uns über den Zustand der Sprache Gedanken zu machen. Denn die Frage, wie sich Sprache entwickelt, betrifft die gesamte Gesellschaft. Zum Beispiel die Frage des funktionalen Analphabetismus. Da geht es um Teilhabe und gerechte Chancen. Moderne Gesellschaften drohen in Partikularinteressen zu zerfallen, das könnte so starke Gegensätze hervorbringen, dass es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kommt. Wir müssen uns also vergewissern, dass möglichst alle in der Gesellschaft über die grundlegenden Fähigkeiten verfügen, sich einzubringen."

DATUM: Nach einer aktuellen OECD-Schätzung gibt es 800.000 funktionale Analphabeten in Österreich.

Hausjell: „Die 800.000 beziehen sich auf jene, die sprechfähig sein sollten, man muss also die Babys abziehen. Das heißt der Prozentsatz in der Bevölkerung liegt bei geschätzten 12 Prozent. Es gibt heute nur noch sehr wenige Berufe, in denen ich ohne Beherrschung des schriftlichen Ausdrucks durchkomme. Das bringt mit sich, dass die Personen, die aufgrund ihrer Berufstätigkeit betroffen sind, tendenziell immer mehr geworden sind. Die hohen Zahlen sind jedenfalls ein Alarmsignal für die Gesellschaft. Die Antworten liegen bestimmt nicht nur im Bildungssystem für ganz junge Menschen, sondern in einem Bildungssystem für die gesamte Gesellschaft, auch für die Erwachsenen."

DATUM: Was macht für Sie gute Sprache, gutes Deutsch aus?

Hausjell: „Eine zentrale Herausforderung ist, dass ein Text für möglichst viele verständlich ist. Kompliziert und umständlich schreiben kann man relativ schnell. Gerade im deutschsprachigen, akademischen Bereich haben wir eine gewisse Neigung zu sehr komplexer Sprache. Aber es gibt noch andere Kriterien: Zum Beispiel der Spannungsbogen – nicht nur bei journalistischen Geschichten, das gilt genauso für wissenschaftliche Texte. Grundsätzlich glaube ich, dass die Stärke in der Verknappung liegt. Wir verwenden sehr viele Füllwörter. In der Umgangssprache hilft uns das beim Nachdenken und wir müssen nicht zu viele Pausen machen, aber beim Lesen empfinde ich es eher als Zumutung. Ich glaube jedenfalls nicht, dass die gute, deutsche Sprache davon abhängig ist, wieviele Anglizismen man verwendet. Die Vorraussetzung ist, dass man sie richtig verwendet."

DATUM: Glauben Sie, dass Facebook etwas damit zu tun hat?

Hausjell: "Facebook und andere neue Medien haben in der Kommunikation einen hohen Stellenwert bekommen und andere Kommunikationsformen weitgehend ersetzt. Wenn wir uns private Briefe von früher ansehen, finden wir dort auch ein mitunter hohes Maß an Fehlern. Aber wahrscheinlich weniger als im Netz, weil man einen Brief noch einmal durchliest, bevor man ihn abschickt. Die zentrale Frage lautet: Welche anderen, gut redigierten Medien und Kommunikationsformen werden genutzt? Ein Buch kann hier ein gutes Beispiel sein. Wenn Schriftsteller X etwas schreibt, dann ist das wahrscheinlich die richtige Form. Wenn es keine Ebenen gibt, nach denen sich Menschen richten können, wird die Kommunikation über Facebook und Smartphone zu einer relativen Beschleunigung der Unverbindlichkeit von Regeln führen."


Quelle: http://www.servustv.com/cs/Satellite/Art…011259524565718

Wie sieht es denn nun aus mit der deutschen Sprache? Geht sie kaputt? Lebt sie neu auf? Verschandeln die ganzen Anglizismen die Sprache? Sollten wir besser auf die Wortideen von Sprachbewahrern zurückgreifen? Wird sich im deutschen Raum oftmals zu kompliziert und umständlich ausgedrückt? Kann der akademische Bereich überhaupt existieren ohne eine komplexe und umständliche Sprache? Welche Bereiche sind sprachlich noch am reinste? Ist die Sprache davon abhängig, wie viele Anglizismen man verwendet oder nicht? Warum gibt es so viele Analphabeten? Ist das Internet auch ein Schuldiger beim Thema des Unvermögens sich sprachlich gut auszudrücken?

Also zeigt mal, ob ihr euch auch sprachlich gegenseitig verdreschen könnt.


The Meteor

Sawa

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21.09.2013, 16:19

Schon wahr, die meisten Menschen können weder korrektes Deustch schreiben, noch sprechen. Das betrifft allerdings nicht nur die jüngeren Generationen sondern auch schon, na ich behaupte mal die Großeltern von der jetzigen Jugendgeneration und auch davor schon.
Nun kann man sich streiten was man unter korrektem Deutsch versteht, wobei das zumindest in Dingen wie Grammatik keine Frage ist.
Aber machen Anglizismen nun wirklich die deutsche Sprache kaputt?
Ich meine nicht. Es gibt sicherlich einiges was man im deutschen mittlerweile verhunzt und es mag stimmen das dies viel übers Internet passiert. Dennoch behaupte ich gibt es auch Anglizismen die Sinn machen.
Mal ehrlich? Beamer oder Bildwerfer? Das ist wirklich ein, meiner Meinung nach, gelungenes Beispiel dafür, dass Anglizismen auch Vorteile für die deutsche Sprache haben und eine sinnvolle Erweiterung sind.
In wie weit das nun mit Analphabetismus zusammen hängen soll und die Frage ob irgendwann in den nächsten Generationen nur noch "Denglisch" gesprochen wird kann ich persönlich nicht ganz nachvollziehen. Gewisse Wörter die nunmal in die deutsche Sprache eingeführt wurden und sich dort verankert haben tragen sicherlich nicht dazu bei das es mehr Analphabeten gibt in deutschsprachigen Ländern. So kommt das aber schon fast rüber wie es von unsern Sprachhütern dargestellt wird.
Das Ganze wird zu überspitzt dargestellt, wie ich finde. Auch das die nächsten Generationen nur noch "denglisch" sprechen würden. Wäre das wirklich der Fall könnte man direkt sagen, so liebe Leutchen, lernt mal alle fleißig Englisch, das wird bald die neue Landessprache, nur um das mal ganz krass darzustellen.
Behaupten würde ich mal das zu einem gewissen Anteil die deutsche Sprache noch immer "möglichst rein" erhalten bleiben wird. Gerade in Schulen wird im Deutschunterricht noch immer viel Wert darauf gelegt (so war es zumindest bei mir und so ist es auch bei mir an der Uni).
Natürlich wird man dort auch mit Anglizismen konfrontiert, aber wage es da mal in Umgangssprache/Jugendsprache oder eben mit zu vielen Anglizismen eine Klausur zu schreiben.
Ich denke die Punkteverteilung sagt dann doch einiges aus darüber ob deutsche Sprache komplett verhunzt werden kann.

Insgesamt kann ich mich da dem Herrn Medienwissenschaftler Hausjell nur anschließen. Anglizismen sind keinesfalls durch und durch schädlich für die deutsche Sprache. Diese wächst daran und blüht neu auf.

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