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11

09.03.2011, 20:06

Japan hat die höchsten Selbstmordzahlen weltweit, Perior, bind mir hier keinen Bären auf. In Japan ist einfach das Gemeinwesen zu stark ausgeprägt, die gesellschaftliche Verantwortung und folglich der Leistungsdruck auf den Einzelnen ist dort erschreckend hoch. Viele Japaner leiden deshalb unter Depressionen, was oftmals zum Selbstmord führt.


Kannst du das auch belegen? Wer versagt, der hat eben immer noch die Chanche durch den Freitod sich und seine Familie vor weiterer Scham zu bewahren. Klar, und hier ist sowas gar überhaupt nicht der Fall.


The Meteor

Lunos

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12

09.03.2011, 20:45

Ach komm, da wird man ja wohl mal in den Nachrichten drüber gestolpert sein. Von 2003 und 2010, beispielsweise. Und das alles hat wohl ziemlich wenig mit der Freitodtradition der Japaner zu tun, sondern vielmehr mit der Wirtschaftslage Japans und der natürlich der jeweils einzelnen Menschen. Siehe auch hier:

Zitat

Es gibt in Japan einen klaren Zusammenhang zwischen der wirtschaftlichen Lage und der Zahl der Freitode

Zitat

Die meisten Suizidopfer in Japan, mehr als 70 Prozent, sind männlich, in der Mitte des Lebens zwischen 40 und 60 Jahren. Japan sei eine männlich orientierte Gesellschaft, sagt Norito Kawikami, Psychologe an der Tokio-Universität. Er glaubt aber nicht, dass die hohe Suizidneigung noch etwas mit historisch-kulturellen Faktoren, etwa dem in Japan früher verbreiteten rituellen Freitod, dem Harakiri, zu tun habe. Kulturell begründet sei eher noch die Scham über den Gesichtsverlust. Es gilt in der mittleren und älteren Generation noch immer die gesellschaftliche Norm, dass der Mann die Familie ernähren muss. Entlassung und Bankrott bedeuteten für viele einen unerträglichen Ansehensverlust, vor allem in der Familie, sagt Kawikami. Deswegen ist es vielen Männern auch nicht möglich, Hilfe zu suchen, wenn sie in die Depression stürzen.

Naja, von dem hohen Leistungsdruck in der japanischen Gesellschaft sollte man auch so des Öfteren mal was gehört haben. Irgendwo habe ich auch mal aufgeschnappt, dass es schon in den Schulen ziemlich harte Anforderungen gibt und dass deshalb auch schon viele junge Schüler Selbstmord begehen. W.a.i., hier in Deutschland haben wir dieses Problem wohl kaum, eher umgekehrt. Der im Westen betonte Individualismus, was praktisch gesehen eher als Egoismus des Einzelnen und in einem mangelnden moralischen Verantwortungsbewusstsein ausgeprägt ist, wird uns noch mal genauso hart treffen, ich schätze aber sogar noch viel schlimmer. Das was sich schon heute in den jüngeren Generationen andeutet, bereitet mir ziemlich Sorgen. Und wenn man mal bedenkt, dass unser Staat mit seiner unzeitgemäßen und ungerechten Sozialstützepolitik das Ganze auch noch dermaßen begünstigt, kann man einem die schlimmsten Befürchtungen nicht verdenken.

Klar, und hier ist sowas gar überhaupt nicht der Fall.

Klar ist das hier auch der Fall, aber die japanischen Moralvorstellungen begünstigt sowas eben, weshalb es dort mehr Selbstmorde gibt als hier.
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13

09.03.2011, 20:58

Sowas kommt nicht in den Nachrichten vor. Und deine Hinweise sind Schrott, da der Vergleichswert fehlt. Was man beobachten kann, dass derzeit die Zahlen angestiegen sind und auf einem Wert stagnieren, wodurch man damit rechnen kann, dass die Zahlen wieder sinken werden, desweiteren liegen China und Indien beispielsweise sogar noch weit vor Japan.
Du verstehst den Zusammenhang nicht, darum sagst du, dass allein die Wirtschaft damit zu tun hat. Und dein Zitat sagt das auch noch überdeutlich, denn der Gesichtsverlust ist historisch begründet. Wenn man versagt und die Arbeit, sozusagen den Inhalt des Lebens verliert, ist man arbeitslos, was man als Schande ansehen kann, darum bringt man sich um, dies erklärt auch die steigenden Freitodraten im Rentenalter, denn das wird bei dem Zitat unterschlagen. Ein Japaner ohne Arbeit fühlt sich nutzlos, darum bringt er sich um. Und genau diese Scham kam mit dem seppuku, aber auch noch aus anderen Gründen, die man heutzutage wohl nicht mehr anfindet.
Schüler bringen sich aus dem gleichen Grund um wie Erwachsene, bevor sie ihr Gesicht verlieren und ihren Eltern Schande bringen, bringen sie sich lieber um, natürlich spielt das japanische Mobbing dabei auch eine gewisse Rolle, bringt sich ja nicht jeder wegen Gesichtsverlust um.
Dass Deutschland und Japan in dem Punkt sehr verschieden sind, ist klar, und ich hab nicht umsonst gesagt, dass hier die Zahlen bald wieder steigen dürften, Wellenbewegungen, wie gesagt.


The Meteor

Lunos

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14

09.03.2011, 21:12

Zitat von »Perior«

Und dein Zitat sagt das auch noch überdeutlich, denn der Gesichtsverlust ist historisch begründet.

Natürlich ist der Gesichtsverlust historisch begründet, Moralvorstellungen sind fast immer historisch begründet. Dabei geht es den Japanern aber ja mitlerweile nicht mehr darum, dass sie den Freitod als ehrenvoll empfinden, sondern eher darum, dass die Menschen den moralischen Anforderungen nicht gerecht werden. Der gesellschaftliche Druck ist also höher als bei uns, eben durch die historischen Wurzeln. Nichts Anderes habe ich gesagt.
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15

09.03.2011, 21:18

Der Freitod wurde auch nur temporär als ehrenvoll angesehen, das ging nicht ewig so, denn auch der seppuku hat sich mit der Zeit gewandelt. Manchmal war es Pflicht, manchmal Gesichtswahrung, ob er nun ehrenvoll oder nicht war, kam von den Außenstehenden. Es gab auch eine Zeit der Massenfreitode von Mönchen, die sich somit einen schnellen Zugang ins Paradies erhofft hatten. Aber Ehre und Gesichtsverlust hängen miteinander zusammen, nur sagt keiner mehr, dass es ein ehrenvoller Freitod war, wenn sich mal wieder im beliebtesten Freitodviertel Japans jemand von einem Dach gestürzt hat.


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Alois

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16

06.04.2011, 11:31

Welch naiver Mensch ich einst war. *kopfschüttelt*
Ja, früher hab ich mir oft meine Gedanken gemacht mein Leben zu enden, natürlich aus sehr
'guten' Gründen, oftmals glaubte ich, dass ich für das Leben einfach nicht geschaffen sein.
Es gibt schließlich auch Menschen die einfach nicht singen können...

Ehrenhaft habe ich den Selbstmord oder allgemein den Tod aber noch nie gesehen, egal aus
welchen Beweggründen - rechtfertigen wird es gar nichts. Tot sein ist nunmal tot sein und
dem etwas Positives abgewinnen - nein, da muss man sich schon an ein Leben nach dem Tod
klammern und das tu ich nicht... und vorallem: Was interessiert mich schon ein Leben danach,
wenn ich das jetztige Leben, die Menschen die ich so vergöttere und Liebe und alle Anderen
einfach alleine lasse? Ich finde es kein tröstliches Gefühl zu wissen, dass man woanders ist,
getrennt von denen die einem im Moment am nähsten waren. Deswegen glaube ich auch nicht
an ein Leben nach den Tod...

Aber ich schweife ab.
Suizid ist etwas für schwache Menschen und nein, meine Ansicht wird sich auch nicht ändern,
wenn mir jemand sagt "Aber du hast nicht erlebt was dieser Mensch erlebt hat!"

1. Muss ich auch gar nicht, ich würde mit hoher Wahrscheinlichkeit sowieso anders reagieren,
da ich ein anderer Mensch bin.
2. Habe ich selber genug schmerzhafte Sachen miterlebt, wobei schmerzhaft hier wahrlich
blumig ausgedrückt ist und sich auf körperliche wie seelische Ebene bezieht.

Allerdings muss das jeder selber wissen, nur wenn einer meiner Freunde zu mir kommt und
von seinen Suizidvorhaben berichten will, muss er bei mir mit einer verbalen Ohrfeige und
vielleicht einer richtigen Ohrfeige rechnen.
So we're bound to linger on
We drink the fatal drop
Then love until we bleed
Then fall apart in parts

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17

12.04.2012, 19:55

Naja ich will mal offen sprechen.
Ich denke, dass jeder selbst über sein Leben entscheiden sollte.
Trotzdem ist es kein leichtes Thema und ich kann verstehen, wenn manche sich negativ darüber äußern.
Ich glaube, wenn man sich völlig einsam fühlt und wirklich niemanden mehr hat, dann ist der Weg zum Selbstmord leichter.
Ich werde ehrlich sein und hier etwas loswerden.
Meine Mutter hat sich vor fast 4 Jahren das Leben genommen, da war ich 16.
Ich muss sagen, dass ich in dieser Situation etwas anders über das Thema gedacht habe.
Wenn man selbst davon betroffen ist, kann man schwer sagen: Jeder soll selber über sein Leben entscheiden.
Ich war damals wirklich am Boden zerstört, weil ich es nicht verstehen konnte, dass sie in dem Moment nur an sich selbst dachte.
Ich habe das als egoitisch abgetan und mich verfolgt immer noch eine Mischung zwischen Trauer und Wut.
Meine Mutter und ich hatten ein hervorragendes Verhältnis zueinander, weshalb ich es nicht verstehen konnte warum sie das getan hat.
Ich hab mir geschworen, dass ich stärker sein werde und sowas nicht mache, solange es noch Menschen gibt die weinen würden, wenn es mich nicht gäbe..
Ich weiß nämlich ganz genau wie sich das anfühlt einen wichtigen Menschen auf diese Art zu verlieren.
Man hinterlässt die Menschen in Zweifeln, Selbstvorwürfen, Trauer und Wut und dem Gefühl, dass man demjenigen nicht wichtig genug war.
Ich hoffe ich habe hier niemanden mit meiner Ehrlichkeit überrant.