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27.01.2009, 00:20

Zensur macht dumm
Netzwacht

Von allen redlichen Internetzseiten ist wohl die Netzwacht die redlichste von allen, da man hier endlich gegen all die Übel dieser Welt vorgeht. Freies Denken, antiautoritäres Handeln und der unzensierten Verbreitung von Meinungen. Auch leistet diese Seite einen großen Beitrag zur Klärung solcher perversen Phänomene wie Zeichenpornos, dem gebildeten Menschen auch als Anime und Manga bekannt, und es wird erklärt, wie man in guter alter Stasi-Manier andere beobachtet, um sie bald bei der Polizei verpetzen zu können.

Doch gehen wir etwas mehr ins Detail. Der Herr der Netzwacht ist der großartige Alois Grillmeister, wobei der Name nicht über seine Unfähigkeiten beim Grillen hinwegtäuschen sollte, da er sowieso keine Bekannten hat, die ihn freiwillig besuchen würden, aus Angst, den Tag in Untersuchungshaft beenden zu müssen. Das Markenzeichen dieses Mannes ist sein toller Bart, der ihn wie einen klischeehaften Zauberer aussehen lässt. Im Endeffekt ist er dies ja auch, da er mit seiner Zensur, seiner Angst vor Anglizismen und seinem züchtigen Lebensstil den Lesern der netzwachtlichen Berichte mehr als nur ein Schmunzeln auf die Lippen zaubert, es ist eher lautes und höhnisches Lachen. Denn wenn man eines an den Berichten merkt, dann das, dass sie vor Subjektivität und schlechten Recherchen nur so strotzen. Man macht schlecht, was man schlecht machen kann, denn überall kann man ja Perversionen sehen. Alois liebstes Hobby ist das Ausspionieren der Nachbarn, damit man wirklich jede noch so unzüchtige Tat von ihnen erkennt und das schreiben von Anzeigen. Im örtlichen Polizeirevier ist er schon eine Art Phänomen. Wenn der Grillmeister kommt, dann heißt es wieder Arbeit für den Reißwolf, aufgrund der vielen haltlosen und schwachsinnigen Anzeigen. Aber so sieht es aus, wenn man nichts besseres zu tun hat. Die Stasi ist tot, aber Alois Grillmeister lebt und führt das ruhmreiche Spitzelgeschäft weiter. Man munkelt sogar, dass er im Besitz der sogennanten Alois-Akten sei. Sollte er irgendwann versterben, so wird man sich bestimmt in einem seiner großen Spitzelarchive wiederfinden.

Aber diese Seite hat noch viele weitere tolle Eigenschaften. Wenn man sich mal verdrückt, so landet man sofort auf einer Seite, auf der man beleidigt wird oder es wird einem mit einer Anzeige gedroht. Jedoch ist es nicht so schlimm, da die Netzwacht einem auch gestattet, sich selbst anzuzeigen. Welch freundliches Entgegenkommen. Eine weitere Institution auf dieser Seite ist der Brauser, mit dem man sich all die unredlichen Seiten löblich und zensiert angucken darf, auch wird alles übersetzt, was man übersetzen kann. Das dabei zuweilen nur Humbug rauskommt versteht sich von selbst, da das Übersetzen mehr als dürftig ist. Erwähnenswert sei hier die faszinierende Übersetzung des Namen Boyd als Junged. Großartig, nicht wahr? Dazu kommt noch die Funktion, die einem erlaubt zu erfahren, welche Seiten gut für einen sind. Interessanterweise ist es keine einzige Seite, nicht einmal die ach so züchtigen Seiten des neuen Christentums sind annehmbar. Ja, hier findet ein Auswahlverfahren statt, dem keiner standhalten kann. Etwas ganz besonderes ist der Plauderbot, der mit Informationen gefüttert wird, mit dem man sich dann unterhalten kann. Eine großartige Erfindung, da mit diesem Ding auch redliche Menschen mal jemanden zum reden haben, da sich ansonsten kein halbwegs intelligenter Mensch auf lange Sicht deren sinnloses Geschwafel über das Gute und die dummen Jugendlichen anhören kann.

Honecker wäre stolz, wüsste er von der Existenz dieser Seite, wo noch zensiert wird wie zur guten alten Zeit, als die Jugendlichen noch dumm wie Bohnenkraut waren und glaubten, Gott sei zornig, wenn es blitzt und donnert. Auch unser geliebter Terroristenjäger Schäuble mit dem Verfolgungswahn findet diese Seite toll, da dort endlich das Überwachen aller Rechner propagiert wird, damit man endlich all die bösen Menschen verhaften kann. Auch den harmlosen Vater, der Bilder seiner minderjährigen Töchter vom letzten Nordsee-Urlaub auf dem Rechner hat. Natürlich denkt keiner darüber nach, das er von diesen Bildern keinen Lustgewinn hat. Und so zensiert die Netzwacht brav weiter, damit ja keiner etwas dazulernt und alle dumm und folgsam bleiben. Und so wird man auch noch in Zukunft hören können: Da les ich nun ich armer Tor und bleib so doof als wie zuvor.


The Meteor