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06.01.2013, 20:03

Macht uns zu viel Hygiene krank?

Zitat

Sauber, keimfrei soll unsere Welt sein, so suggeriert es uns die Werbung, so fühlen wir uns gefeit gegen Krankheiten und rundherum wohl. Vor allem Eltern schützen ihre Kinder gern vor Schmutz und vermeintlich schädigenden Umwelteinflüssen.
Aber brauchen der Körper und der Organismus nicht auch die Abhärtung als eine Art Gymnastik fürs Immunsystem? Macht uns zu viel Hygiene auf Dauer nicht krank?


Quelle: http://forum.spiegel.de/f9/biologie-mach…rank-70838.html

Ein Blick in die Werbung genügt, schon wird für antibakterielle Seife geworben, für desinfizierende Reinigungsmittel, Desinfektionstücher für unterwegs und womit man sich und seine Umgebung von allen Bakterien befreien kann, sodass man sich zu Hause vorkommen kann wie in einer Arztpraxis oder im Krankenhaus.

Ist diese Dauerhygiene aber nicht sogar schuld daran, dass viele Kinder leicht krank werden, Allergien sich rasend verbreiten und sich eher resistente Bakterien bilden?
Wieso wird so übertrieben mit Sauberkeit und Hygiene, sodass alles klinisch rein sein muss?
Fühlt man sich wirklich besser, wenn das ganze Haus riecht wie ein Besuch beim Zahnarzt?
Woher kommt die Angst vor den Bakterien und der Sauberkeitswahn?

Es geht nicht darum, ob normales Saubermachen gut oder schlecht ist, es geht darum wie weit es gehen sollte und ob Haus und Körper wirklich eine bakterienfreie Zone sein müssen.


The Meteor

2

06.01.2013, 20:57

Ist auch so.

Das Immumsystem wird gestärkt indem mit Erregern (in kleinen Mengen) in Kontakt kommt. Wenn alles desinfiziert wird, hat das zwei Auswirkungen: Man kommt erstens gar nicht mehr in Kontakt mit kleinen Mengen an Krankheitserregern, die immer irgendwo rumlungern (oder eben nicht häufig genug) - der Körper wird nicht in regelmäßigen Abständen mit den Keimen konfrontiert und kann so nur schlecht Resistenzen ausbauen. Wenn dann aber mal Besuch kommt, der vielleicht gerade Kontakt zu einem Kranken hatte oder selbst krank ist, dann ist aber Polen offen. Zweite Auswirkung betrifft die Hautflora: Mit Disinfektion tötet man die nützlichen bzw unschädlichen Bakterien auf der Haut. Dadurch, dass die Haut von Bakterien besiedelt ist, ist kein Platz da für die schädlichen Sachen. Tötet man die aber ab, ist wieder Platz da und man gibt Schädlingen so die Chance, sich bequem dort anzusiedeln. :3 (Jetzt mal ganz vereinfacht erklärt.)
Auch zu häufiges Händewaschen ist schon suboptimal.

Es wird einfach zu schnell desinfiziert. Desinfizieren muss man in Krankenhäusern und Gebäuden, wo wirklich Infektionsgefahr für richtig bedrohliche Sachen besteht.
Für den Haushalt ist Wasser und Seife, sowie vorsichtiger Umgang mit empfindlichen Lebensmitteln (Fisch, Geflügel beispielsweise) absolut ausreichend.

Ein weiteres Problem ist, dass heute bei jeder Kleinigkeit gleich zu Medikamenten gegriffen und zum Arzt gegangen word. Ja, bei mittelschweren Krankheiten wie Grippe oder so soll man natürlich zum Arzt gehen, weil gerade Grippe auch sehr gefährlich sein kann. Aber mit einer normalen Erkältung sollte man den Körper doch schon allein zurecht kommen lassen. Wenn der Körper immer Hilfe in Form von Medikamenten bekommt, ist das auch nicht gut für die eigene Immunabwehr.

Ich beobachte das übrigens bei meiner Schwester. Sie hat zwei Kinder im Vorschulalter und die bekamen auch immer das Spielzeug abgekocht und desinfiziert und werden auch jeden Tag gründlich gebadet und mehrmals umgezogen und so weiter sind jetzt ständig krank. Ich weiß ja, dass Kinder in der Altersgruppe öfter mal krank sind, aber nicht SO häufig. Die bekommen auch öfter mal einfach so Fieber, obwohl sie nicht ernsthaft krank sind. Und anstatt die dann ins Bett zu stecken und anderweitig zu pflegen, werden gleich Fiebersaft und Co. rausgeholt. Man hört ja auch immer wieder, dass Kindern Antibiotika verschrieben werden, obwohl sie überhaupt nicht wirken werden (weil Viruserkrankung und so) nur weil die Eltern drum betteln. Im Übrigen sind auch meine Schwester und ihr Mann sehr häufig krank. Obwohl wir Geschwister als Kind eigentlich alle recht robust waren.

Ich habe das Gefühl, dass Leute heutzutage mit dem Wort Bakterien immer nur Negatives verbinden, dabei sind viele für uns absolut unschädlich bzw nützlich. (Solchen Leuten erzähle ich dann gern, dass es in den meisten Haushalten hygienischer ist, aus der Kloschüssel zu trinken als Gemüse zu essen, das auf einem Holzschneidebrett geschnitten wurde. :'3) Zu viel Hygiene ist schädlich für die Gesundheit, lernt man eigentlich auch in der Schule. Nur, weil nicht alles desinfiziert wird, versifft ja nicht gleich die Wohnung. Viel sind auch die Medien schuld, die dann immer irgendwelche Haushaltsabstriche machen und die dann schon in Petrischalen bebrüten und das dann den Wohungsbesitzern unter die Nase halten und sagen: Guckt mal, was da alles drauf war. Wär halt auch mal gut zu sagen, welcher Anteil von den Bakterien eigentlich schädlich sind, weil "einfach nur Bakterien" sind überall drauf.

Als Kinder haben wir (allen voran mein Neffe und ich) sehr oft draußen gespielt und oft Sachen gemacht, wo selbst ich (und ich bin absolut kein Hygienefanatiker) heute schaudern muss. "Hände waschen? Was ist das? D:" Und: Auf unserem Hühnerhof mit Wasser und Matsch rumgepüttert, in den Garten gegangen, eine Möhre aus dem Beet gezogen, in der Regentonne abgewaschen (Zustand des Wassers: Grün und voller Mückenlarven), zwischendurch noch den Hund gestreichelt, und dann gegessen.
So weit sollte man es natürlich auch nicht treiben und ich bin auch kein "Dreck reinigt den Magen"-Hardliner. *schauder*
Ich bin jedenfalls in einer sehr... keimbelasteten Umgebung ausfgewachsen (wir haben viele Nutztiere, in deren unmittelbarer Nähe wir sehr oft gespielt haben). Ich bin jedenfalls seit Jahren nicht mehr krank gewesen und habe glücklicherweise auch keine Allergien (zumindest bisher nicht). Ich weiß natürlich nicht, ob es jetzt daran liegt oder ob ich einfach von Natur aus robust bin oder einfach beides.

Alles in allem: Dem Körper auch mal ein bisschen eigene Immunabwehr zutrauen. Zuviel Hygiene ist kontraprodutkiv.
Ein bisschen Grundhygiene ist wichtig, aber übertreiben ist auch nicht der richtige Weg und die Quitting kommt dann meistens bei der nächsten Krankheit.
:nekocat:

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Sawa

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3

07.01.2013, 16:06

Natürlich macht einen zu hohe Hygiene krank.

Wie Pochama schon sagte, unser Immunsystem wird gestärkt durch verschiedenste Erreger, Bakterien und Viren.
Wenn es diese nicht kenne wie soll es Abwehrkräfte bilden? Das ist nunmal unmöglich.
Man sieht das ja schon daran wie es früher einmal war wo es noch keine wirklichen Desinfektionsmittel gab oder gehen wir sogar so weit zurück wo es noch nicht mal wirklich Medikamente und weiteres gab.
Die Menschen zu der Zeit waren viel draussen, viel in der Natur und weniger oft krank als heutzutage es viele sind.

Natürlich hat der Fortschritt in diesen Dingen nicht nur Nachteile deswegen.
Wenn jemand denn nun mal eine Grippe hat sind wir in der Lage etwas dagegen zu tun und das wohl effektiver als damals.
Auch ist Hygiene in Krankenhäusern bei Ärzten etc von wichtiger Bedeutung.
Denn auch wenn gewissen Dinge das Immunsystem stärken muss man sich ja aber nicht gleich jegliche Krankheit einpfangen nur weil man unbedacht etwas angefasst hat in einem Krankenhaus.
Und naja, auch ich würd wenn ich zB beim Zahnarzt bin es ungern hinnehmen müssen das der Arzt dann keine Handschuhe trägt und sich die Finger nicht gewaschen hat nach dem letzten Patienten..

Vernell

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4

12.01.2013, 19:11

Jeder weiß, dass Hygiene wichtig ist. Aber alles keimfrei zu halten ist nicht nur unmöglich, sondern auch ungesund für unser Immunsystem. Das ganze hat Pochama ja schon erklärt.
Ich schüttel jedes Mal nur mit dem Kopf, wenn ich Werbung für solche Produkte sehe. Vorallem weil dort oft mit Kindern geworben wird. Es ist ja verständlich, dass man ein Kind nicht in einem Saustall aufwachsen lassen möchte, aber gerade bei Kindern ist es wichtig, dass sie auch mal mit Keimen in Berührung kommen, damit sie später ein gutes Immunsystem haben. Leute, die diese Produkte kaufen werden bei mir sicherlich die Haare zu berge stehen. Ich habe als Kind gerne mit Dreck und Matsch gespielt und wahre Kunstwerke aus Schlamm geschaffen. Es war das höchste für mich in der Erde zu wühlen, mit den Händen. Es hat mir einfach Spaß gemacht, mich schmutzig zu machen. Und ich habe auch gerne meine Lebensmittel mit den lieben Tierchen geteilt. "Ein Schokoweihnachtsmann? Hier Hund, beiß mal ab, danach probier ich." und solche Dinge eben, die Pochama schon sagte. Irgendwelches Obst oder Gemüse aus dem Garten aufgesammelt, kurz an der Jacke oder so gerubbelt und reingebissen. Ist halt so auf nem Bauernhof, da wird nicht großartig rumgeschissen mit Desinfektion und porentiefer Reinheit und Schwachsinn.
Gut, mein Immunsystem ist trotzdem beschissen, was aber einen anderen Grund hat.
Bei meiner Familie und auch Bekannten wird auch nicht großartig rumgetan mit Keimfreiheit. Gerade bei den Kindern, da steht niemand parat um im Fall mit einem Desinfektionstuch hinzurennen. Denn wie sagt Oma immer "Dreck reinigt den Magen".

Auron_______Jules_________Smilla _____Rupert_______Esther

5

12.01.2013, 22:40

Wie meine Vorposter schrieben: Selbstverständlich ist es das.
Wenn man nach Hause kommt, mit den Öffentlichen unterwegs war und sich dann die Hände wäscht dann ist das verständlich und in meinen Augen auch in Ordnung.
Oder wenn man einkaufen war. Klar, man sollte nun nicht wirklich jeden Mist den man auf den Händen hat in die Augen reiben, ablecken oder sonstig überall in der Wohnung verteilen.
Aber sich nach jedem Mist die Hände zu waschen ist selbstverständlich unnötig.
Impfen ist genau das selbe Spiel: Man wird durch die Impfung gegen einen bestimmten Erreger immun gemacht, indem man ihn injiziert bekommt.
Fazit:
Nicht jeden Mist in den Mund stecken, aber alles lebendige an den Händen und sonstwo zu töten macht einen krank.