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Vernell

Schwertmeister

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08.04.2013, 03:37

Kirschblüten - Hanami



Das in die Jahre gekommene Ehepaar Rudi und Trudi lebt in einem beschaulichen Dorf in Bayern. Eines Tages wird bei Trudi Krebs diagnostiziert, doch sie entschließt sich dazu, dies für sich zu behalten. Stattdessen überredet sie ihren Mann, mit ihr die gemeinsamen Kinder in Berlin zu besuchen und anschließend an die Ostsee zu fahren. Dort stirbt Trudi dann für ihren Mann völlig überraschend. Als er sich mit ihrem Tod auseinandersetzt fällt ihm auf, wie sehr er seine Frau in der Erfüllung ihrer Träume eingeschränkt hat. Da Trudi seit jeher fasziniert von der japanischen Kultur war und auch gerne mal ihren jüngsten Sohn in Japan besucht hätte, entschließt sich Rudi kurzerhand dazu, seiner verstorbenen Frau einige ihrer Lebensträume zu erfüllen und reist deshalb zu seinem Sohn nach Tokyo.


Ich fand den Film mal zufällig bei Amazon und fand das, was ich las recht interessant. Da ich mir allerdings keine Filme kaufe, die ich noch nie gesehen habe (wegen schlechter Erfahrungen) und der Film in meiner Videothek nicht vorhanden war, hatte ich noch nicht die Gelegenheit gehabt, ihn mir anzusehen. Vor Kurzem lief er dann mal recht spät im Fernsehen und ich erinnerte mich daran, dass ich mir den Film mal ansehen wollte.
Am Anfang war ich doch recht irritiert, schon allein, weil die zumindest Trudi und Rudi doch einen bayrischen Dialekt haben. Zum Glück ist dieser allerdings nicht so stark, sodass ich trotzdem alles verstehen konnte. (Denn, obwohl ich in Bayern wohne, verstehe ich Bayrisch zumeist nicht.)

Der Fokus des Films liegt sehr auf der Beziehung der Figuren zueinander und vieles davon hat mich sehr nachdenklich gemacht. So sitzen beispielsweise die Enkelkinder der beiden ständig mit einem Handheld in der Hand herum und spielen lieber Videospiele, anstatt sich mit den Großeltern zu beschäftigen. Oder aber die Kinder von Trudi und Rudi unterhalten sich darüber, wie anstrengend und nervig es für sie ist, dass die Eltern einfach so zu Besuch kamen. In einer Familie sind das stellenweise wohl normale Szenen, aber gerade weil man zu Beginn erfährt, dass Trudi nicht mehr viel Zeit bleibt, lässt es einen doch darüber nachdenken, wie viel schöner man die Zeit mit seiner Familie verbringen könnte.

Auch wenn der Film einige wenige witzige Stellen besitzt, so ist "Kirschblüten - Hanami" doch eher melancholisch und traurig anzusehen. Vorallem traurig machte mich die Tatsache, dass Trudi gerne noch einige ihrer Träume verwirklichen würde, beispielsweise den Besuch der beiden Kinder in Berlin oder ein erneuter Ausflug zur Ostsee, während ihr Mann der Meinung ist, man hätte noch genug Zeit und könnte dies auch später noch machen. So versucht sie ihn immer wieder zu animieren, wie schön es doch sei, während Rudi eher etwas genervt wirkt. So stehen die beiden beispielsweise an der Ostsee und blicken auf das Meer. Trudi fragt Rudi, ob es nicht schön dort sei woraufhin er nur erwidert "Das Meer ist auch nicht mehr das, was es mal war.".
Oder aber, als Rudi in Tokyo bei seinem Sohn ist. Da dieser sehr viel Arbeiten muss, wird Rudi von seinem Sohn am Tag in einer Art Bar abgesetzt, wo er auf seinen Sohn warten soll. Doch als dieser selbst am Abend nicht auftaucht, entschließt sich Rudi dazu, die Stadt auf eigene Faust zu erkunden. So geht das eigentlich dann die ganze Zeit, der Sohn arbeitet, während der Vater allein in der Wohnung sitzt oder durch die Stadt zieht. Obwohl der Sohn immer wieder beteuert, dass sein Vater ihn nicht zur Last fallen würde und er gerne bleiben könnte, belauscht Rudi später ein Gespräch, bei dem sich der Sohn bei seiner Schwester darüber aufregt, dass er seinen Vater nicht ertragen könnte. Das hat mich richtig traurig gemacht, weil die Kinder, für mich, recht verständnislos ihren Eltern gegenüber auch so eher herzlos dargestellt sind.

Schön war es hingegen zu sehen, wie Rudi aufblüht, als er die junge Butoh-Tänzerin (jp. Ausdruckstanz) Ju trifft. Seine Frau träumte immer davon, eine Butoh-Tänzerin zu werden, doch Rudi verbot ihr dies. Er ist wirkt recht festgefahren und alles, was fremd und anders ist, lehnt er ab. Doch als er Ju trifft, öffnet er sich für neues und wird wieder lebensfroh. Gemeinsam mit ihr fährt er zum Fuji, da seine Frau immer davon träumte, diesen einmal zu sehen. Dort wartet er dann tagelang darauf, dass die Wolken sich lichten und er einen Blick auf den Berg erhaschen kann. Als dies endlich geschieht, geht er hinunter zum Berg und tanzt Butoh mit seiner verstorbenen Frau.

Auch wenn die Musik mir nur selten auffiel, was wohl daran lag, dass es nicht all zu viele Stücke zu hören gab, gefiel sie mir recht gut. Sie wurde gezielt eingesetzt und auch gut umgesetzt. Ich mag vorallem den japanischen Klang der meisten Stücke. Wie schon der Film, sind auch einige Tracks recht eigen, was aber definitiv immer passend war. Wie der Film selbst, ist auch die musikalische Untermalung eher schlicht und melancholisch. Besonders die Stücke "Little Black Book" und "Asadoya Yunta" gefallen mir.

"Kirschblüten - Hanami" hat mir sehr gut gefallen, auch wenn er stellenweise recht eigen und auch traurig ist. Er hat mich zudem nachdenklich gestimmt, nicht nur, weil sich der Film mit zwischenmenschlichen Beziehungen beschäftigt, sondern auch mit dem Aufschieben von Lebensträumen. Man denkt immer, man hätte noch genug Zeit um sich den ein oder anderen Traum zu erfüllen, doch man weiß einfach nicht, wie viel Zeit man hat. Der Film wird definitiv beim nächsten Amazon-Shopping gekauft.

Auron_______Jules_________Smilla _____Rupert_______Esther

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